Das hätte auch ins Auge gehen können.


Denn gegen Rudi Bräunings Jugendtruppe an den Brettern 1-5 verloren wir mit -1. Die älteren Semester an den Brettern 6-8 dagegen meinten es gut mit uns. Aber zeitweise sah es insgesamt gar nicht schön aus, und Bebenhausen II war auf dem besten Wege seine ersten beiden Mannschaftspunkte zu holen.

In meiner Schwarzpartie an Brett 5 wurde bei nahezu symmetrischer Bauernverteilung ordentlich Material abgeholzt, so dass sie als erste mit einem schnellen Remis endete. Dabei hätte mich mein Gegner mit einem stärkeren 10-ten Zug durchaus ins Schwitzen bringen können. Dann konnte Pavel Aksenov an Brett 6 in einer zunächst etwas verschachtelten Stellung nach einigen Linienöffnungen in Vorteil kommen und am Ende einen sehr souveränen Weißsieg erringen. Bravo Pavel für Deinen dritten Einsatz in der Oberliga! In der nächsten Saison werden es hoffentlich mehr werden! Mindestens genauso souverän verdichtete Axel Naumann an Brett 3 seine Vorteile zu einem sehr schönen Schwarzsieg gegen Eric Faerber. In Martin Hofmanns Partie an Brett 4 war das Gleichgewicht der Kräfte selten wirklich in Gefahr und das Remis nach 34 Zügen daher ein angemessenes Ende.

Zwischenzeitlich konnte der von Reisen zurückgekehrte Ulrich Zimmermann an Brett 1 nach teilweise starkem Spiel einen zwar keineswegs zwangsläufigen, aber am Ende hervorragend heraus gespielten Sieg gegen unseren bisher so erfolgreichen Topspieler Rolf Fritsch erringen. Daneben an Brett 2 sah es auch nicht gut aus, nachdem sich Robert Gabriel ab Zug 15 dazu hatte verleiten lassen gegen eine beengt stehende schwarze Chefin auf Damenfang zu spielen. Dabei büßte er aber so viel Material ein, dass es ein glatter Verlust war und die Niederlage nur eine Frage der Zeit. Doch vom Aufgeben hat noch keiner gewonnen und es lohnt sich immer bis zum Ende zu kämpfen. So hätte es auch in dieser gesamten Partie noch genau eine einzige Chance gegeben das Remis zu retten, und zwar mehr als 60 Züge später im 80(!!)-ten Zug. Robert lebte seit mehr als 40 Zügen nur noch von den 30 Sekunden Bedenkzeitzugabe und hätte die Partie bei der alten Bedenkzeitregelung möglicher Weise schon längst verloren.


Robert Gabriel - Danijel Gibicar


Und jetzt gab es mit 80.Kd4! statt dem gespielten 80.Kd2 diese Chance, da dann 80...Tc8 natürlich an 81.d7 scheitert und 80...Tc5 nebst Txd5+ nicht möglich ist. Robert hatte das unmittelbar nach der Partie gezeigt, schade!

An Brett 7 hatte sich Heinz Gerstenberger mit Schwarz eine sehr ansehnliche Stellung erspielt, landete aber schließlich in einem Turmendspiel mit einem Minusbauern, das Weiß jedoch kaum gewinnen konnte. Aus irgendeinem Grunde meinte der Bebenhausener MF aber unbedingt gewinnen zu müssen  -  ein Remis in seiner Partie und der sich abzeichnende Bebenhausener Sieg an Brett 8 hätte den Gesamtsieg bedeutet!!  -  und stellte kurz nach seiner zweiten Ablehnung eines Remisangebotes Bauer und die gesamte Partie ein! So kann's gehen.

Die publikumswirksamste Partie wurde allerdings an Brett 8 gespielt. Man könnte aber auch sagen „die Nerven aufreibendste“. Zunächst erspielte sich Oskar Mock einen klaren Vorteil am Damenflügel, der vielleicht schon zum Gewinn hätte ausreichen können. Er ließ sich dann aber von den schwarzen Gegenspielversuchen am Königsflügel zu sehr beeindrucken und landete in einem heiklen Endspiel mit starkem weißem weißfeldrigem Läufer auf der weißen Hauptdiagonalen gegen einen schwarzen Springer mit ein paar Bauerninseln auf jeder Seite. Da wir alle immer wieder Defizite im Endspiel erkennen lassen, nutzen wir Oskars Partie um etwas dazu zu lernen:


Oskar Mock - Andre Antunes


Hier könnte Weiß 43.Le2 spielen. Er bleibt weiterhin am Bh5 und droht mit Ld3+ Raum zu gewinnen. Stattdessen folgte 43.Lc6 Kf5 44.d5 exd5 45.Lxd5 c5 46.Lg8 c4 47.Lh7+ Ke6. So war mit weißer Mithilfe ein sehr gefährlicher schwarzer Freibauer auf der c-Linie entstanden, sehr viel gefährlicher als die weißen Be5 und Bf4. Der weiße König muss nun eher Richtung c-Bauer als Richtung h-Bauer laufen, und nach einem weiterhin wechselvollen Verlauf musste Weiß seinen Läufer gegen den schwarzen c-Bauern opfern, so dass Oskar seine einzige Chance nutzte mit Unterstützung des Königs den f-Bauern voran zu treiben. Es entstand schließlich diese Gewinnstellung für Schwarz:


Oskar Mock - Andre Antunes


Der schwarze König läuft mit 60...Kc5 in Richtung Ba4 und nach 61.Ke7 Sh7 62.f8D kommt der weiße König natürlich zu spät um noch irgendetwas auszurichten. Doch stattdessen spielte Schwarz: 60...Ke4?? Jetzt ist es sofort remis: 61.Ke7 Sh7 (61...Sg6 62.Kf6) 62.f8D Sxf8 63.Kxf8 Kd5 64.Ke7 Kc5 65.Ke6 Kb4 66.Kd5 Kxa5 67.Kc4 =

Und wie ging es weiter? Nach 60...Ke4 61.Ke7 Sg6+ spielte Weiß mitnichten 62.Kf6...


Oskar Mock - Andre Antunes


...sondern es folgte 62.Kd6?? War das Übermut oder nur Faulheit bei der Variantenberechnung, bzw. Ermüdung? Nur Oskar kann es uns beantworten. Jetzt ist es natürlich wieder für Schwarz gewonnen. Oder hatte Oskar damit gerechnet, dass er in dieser Stellung PATT gesetzt würde?


Oskar Mock - Andre Antunes


Dann war das PATT aber leider kein PATT sondern ein MATT, wie sich die Stuttgarter Zuschauer hier mit Entsetzen zusammen reimten. Denn nach 74...Se6 75.Ka1 Sd4 76.f8D Sc2+ 77.Kb1 a2+ 78.Kc1 a1D+ 79.Kd2 De1+ 80.Kd3 hätte Schwarz hier einen echt guten Zug drin gehabt!


Oskar Mock - Andre Antunes



Ich hatte mich nach 74...Se6 schon mit Grauen abgewandt und dann irgendwann mal gewundert, dass immer noch gespielt wurde, bzw. auch über die Reaktion der Zuschauer. Schwarz hatte hier 80...Dd1+??? gespielt, der weiße König hielt in der Folge nach Möglichkeit seine Fluchtrichtung Nord-Ost und folgerichtig wurde bald dem Remis zugestimmt.

Man kann also zu Recht sagen, dass das ersatzgeschwächte STUTTGART ZWO an diesem Sonntag eher Glück gehabt hat. Und man sollte auch festhalten, dass andere Teams, wenn es um die Wurst geht, immer ihren Top-Achter zusammen kriegen, oder wenigstens nahezu. Wir hingegen haben eine Gruppe von Spielern, die absolut zuverlässig sind, aber auch eine andere, zum Glück viel kleinere Gruppe, denen es im Zweifelsfall egal wäre, ob das Team aus der Oberliga absteigt oder nicht. Denn nach einer Niederlage gegen Bebenhausen II wären wir in die Situation geraten am letzten Spieltag unbedingt in Pfullingen gewinnen zu müssen. Und das ist keine beruhigende Situation. Aber nach dem Sieg von Heinz Gerstenberger gefolgt von dem Remis unseres PATT-Zauberers Oskar Mock löste sich alles in Wohlgefallen auf! Als Konsequenz für die nächste Saison werde ich empfehlen die Zuverlässigen unabhängig vom Rating tendentiell weiter vorne aufzustellen, damit diese ihren regelmäßigen Farbwechsel haben und frühzeitig wissen, an welchem Brett sie spielen.

Ach ja, und noch eine gute Nachricht. Ihr bekommt in der nächsten Saison auf jeden Fall einen neuen MF. Weil ich es nämlich nicht mehr machen werde! Nicht lachen, aber ich wäre viel lieber FM als MF!!



06.03.2013       Claus Seyfried     (über das Match vom 03.03.2013:   SSF 2 - SK Bebenhausen 1992 2   4½ - 3½)