XXXI Festival Internacional d'Escacs de La Pobla de Lillet 2.-10.August 2022
Mein erstes Schach Open spielte ich 1973 in Biel. In Erinnerung geblieben ist mir das Bettenlager in einer Art Jugendherberge, jugoslawische Schachprofis die mit Zeitvorgabe und Geldeinsatz Blitz spielten, und die Familie Suri, die das Ganze mit schweizerischer Qualität organisierte.
Dem folgten viele weitere Open. Damals nahm ich mir vor die schönsten Turnierorte später nochmals zu besuchen. In der Rente entdeckte ich jedoch ganz neue Länder, es blieb nur ein Turnier das ich gerne nochmals gespielt hätte. Das war das Open in Berga an dem ich 3 Mal teilgenommen hatte, ein Ort in den spanischen Pyrenäen. Das Einzelzimmer in den überwiegend einfachen Herbergen gab es damals für 14 Mark, unsere Herberge La Cabana ist heute renoviert und das Einzelzimmer kostet inzwischen 100 Euro!
Württembergische Teilnehmer beim Berga-Open 1984
1 Oliver Sick (Post Ulm) - 2 Ulrich Link (Post Ulm) - 3 Walter Wolf (SSF) - 4 Rainer Wolf (WD Ulm) - 5 Thomas Dettler (Post Ulm) - 6 Fred Winter (Ulm)
Das Turnier in Berga gibt es jedoch schon lange nicht mehr, dafür etablierte sich im nahegelegenen La Pobla de Lillet ein ganz ähnliches Open. Das Turnier ist eingebettet in den circuit catala, eine jährliche Serie von über 30 Turnieren im Norden Spaniens, die terminlich aufeinander abgestimmt sind. Spanien zählt weltweit zu den aktivsten Schachnationen bei der Durchführung von Schach-Open! Vom Veranstalter bekam ich ausführliche Informationen, besonders was die nicht üppig vorhandenen Übernachtungsmöglichkeiten betraf. Also auf nach La Pobla de Lillet!
Flug nach Barcelona, dann weiter mit dem Bus. Unterwegs geht es vorbei an der Gebirgskette des Montserrat. Diese Gebirgslandschaft ist so phantasieanregend dass sie vielen katalanischen Dichtern als Inspirationsquelle diente. Man hat hier auch schon nach dem Heiligen Gral gesucht und zahlreiche UFO-Sichtungen wurden gemeldet.
In Berga wird der Bus gewechselt. Das letzte Teilstück führt durch das tief in die Landschaft eingeschnittene Tal des Llobregat nach La Pobla de Lillet, in deren Nähe dieser nach Barcelona führende Fluss entspringt.
Die Gemeinde La Pobla de Lillet in den Pyrenäen hat etwa 1100 Einwohner
Der Platz vor dem Rathaus ist als Schachbrettmuster angelegt, hier muss es also einige Schach-Enthusiasten geben!
La Pobla de Lillet liegt etwa auf einer Höhe von 850m, da merkt man schon einen Unterschied zu Barcelona. Dieses Jahr begann es ungewöhnlich oft am späten Nachmittag zu regnen – eine willkommene Abkühlung.
Höhepunkt dieser Abkühlung war ein kräftiger Hagel im August! Blick aus dem Fenster meiner Herberge.
Der Eingang zum Turniersaal. Dem Rundenbeginn um 17:00 folgte erstaunlich oft ein Regenschauer
Deutsche Teilnehmer waren in den letzten Jahren eine Seltenheit, das liegt vielleicht an den Übernachtungs- Möglichkeiten. Manche mieten sich zusammen ein Appartement im Ort. Falls ich im Auto komme empfahl man mir zur Übernachtung den schön gelegenen Ort Baga. Ohne Auto ist die Quartiersuche schwieriger! Ich selber löste das Problem über eine Herberge wie man sie wohl am Jakobsweg öfters findet. Das auf beinahe 1000 m hoch gelegene „Refugi Quatre Cases“, hier wohnten früher die Mitarbeiter einer nahegelegenen Zementfabrik, die inzwischen zum Museum umfunktioniert wurde. Gemeinschaftsbad, etwas wackeliges WIFI, Einzelzimmer oder Gruppenzimmer mit Stockbetten. Die Klimaanlage vermisste ich nicht, kühlte es nachts doch meist ordentlich ab. Da waren auch 2 Schachspieler mit Auto bei denen ich den Weg zum Turnierlokal mitfahren konnte, ganz ohne Taxi ging es abends aber doch nicht. Dafür hatte ich ein einfaches aber schönes Zimmer zum Preis von 21 Euro (mit Frühstück 29 Euro).
Früstück
Abendessen
ein schöne Ecke im Aufenthaltsraum
Hier wohnte früher der Schef der Zementfabrik
In der Küche
Abschiedsessen der Fahrgemeinschaft unten im Dorf
Ausflug zum Castellar de Lillet, organisiert von Jordi Capellades (3. von Links) der auch das Turnier fotografisch dokumentierte
Noch ein Ausflug in größerer Runde zum Castell de Mataplana, einer Burgruine aus dem 12.Jahrhundert (Foto Jordi)
In der A-Gruppe nahmen 64 Spieler teil, einzige Startvoraussetzung war eine FIDE-Registrierung. Die 49 Teilnehmer der B-Gruppe durften maximal eine Elo von 1949 haben.
Charmanter Empfang bei der Anmeldung zum Turnier. Das Startgeld konnte vor Ort gezahlt werden
Blick in den geräumigen Turniersaal
Ein paar Stimmungsbilder vom Turnier
Für Spieler, die oftmals an dem Turnier teilgenommen hatten, gab es die Senioren-Einladungsgruppe „Tancat de Fidels“
Maria aus Mallorca gerät hier in Schwierigkeiten gewinnt aber am Ende den Damenpreis in der A-Gruppe
Jung und Alt treffen sich am Schachbrett!
Doch noch Jemand aus Deutschland!
Sabine aus Bad Schwartau spielte hier erst ihr 2.Turnier, da werden sicherlich noch mehr Turniere folgen.
Steht ein Spanier in der Partie unter Druck, so findet er immer mal wieder überraschende und zähe Züge nach denen das Spiel für mich zu kippen drohte, das kannte ich schon von früher. Zum Turnier-Ende hin hatte ich diesmal aber reichlich Glück, so bewertete der Computer meine Stellung in der 7.Runde mit -7, wenig später waren es dann +7! In der 8.Runde dann diese Stellung, auch hier stand ich zuvor auf Verlust:
Diagramm 1: W.Wolf – Garcia Perez
Der beste Zug für Schwarz wäre 36…h7-h6 gewesen, mit ausgeglichener Stellung. Denn auf das verführerische 37.Txf7 folgt 37…Tc3-c2+. Nun muss der König auf die 1.Reihe und Dauerschach. Da 38.Kh3(?) jetzt an 38… hxg5 39.Sf6 g4+ 40.Kxg4 Th2 scheitert. Schwarz zog im Diagramm jedoch 36…Tac8, wie beurteilen Sie diese Stellung? (Lösung siehe letzte Seite)
….nach diesem glücklichen Endspurt reichte es sogar zum Sieg in der Altersgruppe 60+!
Es siegten die 2 Großmeister. Platz 2 ging an GM Viktor Moskalenko (Foto Jordi)
…. den Turniersieg errang GM Daniel Leal Alsina (Foto Jordi)
Das Turnierergebnis auf chess-results
Alejandro Melchor, einer der Hauptorganisatoren des Turniers hier bei einem Ausflug nach Castellar N’Hug
Zusammen mit Jordi Capellades hat Alejandro die Turnierhistorie in einem Buch mit vielen Fotos zusammen gefasst, allerdings alles auf Katalanisch. Er war mir auch sehr behilflich bei der Hotelsuche. Erwähnenswert ist die informative Homepage im Internet, dort wird bereits das Open 2023 für den 2.-10. August 2023 angekündigt.
Die Finanzierung für das nächste Jahr ist gesichert und man hofft die Teilnehmerzahl in Richtung der 200 erhöhen zu können. Es gäbe noch mehr über Katalonien und seinen etwas reservierten aber freundlichen Menschen zu erzählen, z.B. von der kalten spanischen Gazpacho Suppe oder der Nachspeise Crema Catalana. Am besten man fährt mal selber hin.
Im obigen Diagramm ging es folgendermaßen weiter:
37.Txf7 T3c7 38. Le7 Kg8 39.Tg7+ Kh8. Ich war nun froh mit Tf7 durch Zugwiederholung das Remis erzwingen zu können, da ich kurz zuvor noch auf Verlust stand. Der Computer sagte mir aber dass nun 40.f5 gewonnen hätte, wegen der Drohung 41.Tf7 Kg8 42.fxe6
Im Diagramm folgt auf 40…Te8 41.f6 und auf 40…Tc6 folgt Lf6, jeweils mit Gewinn für Weiß
Walter Wolf, 2022