In Memoriam


Die Stuttgarter Schachfreunde trauern um Volodymyr Viskin
* 06.04.1934 † 11.04.2015

Zum Schach fand Volodymyr Viskin schon früh, zu den Stuttgarter Schachfreunden erst im reiferen Alter. Wie sein Landsmann Vadym Kaplunov stammte er aus Charkow, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, und dort hatten beide schon als Jugendliche beim Schulschach die Klingen gekreuzt ­ das war der Grundstein einer Schachfreundschaft, die sich über 65 Jahre und einen halben Kontinent erstrecken sollte.

Viskin war von Beruf Elektroingenieur, hat aber später viele Jahre in der Ukraine als (Achtung!) Schachtrainer gearbeitet. Was die wenigsten wussten: Einige seiner Zöglinge wurden sehr erfolgreich, z.B. war er der erste Trainer von GM Mojissejenko, wie hier nachzulesen ist. Ein weiterer Schützling aus dem Pionierpalast von Charkow ist GM Prusikin, der jetzt in Bayern spielt.

Sein Jugendfreund Kaplunov siedelte 1999 nach Deutschland über, Viskin 3 Jahre später ­ eswar reiner Zufall, dass beide dann wieder in der gleichen Stadt landeten! Kaplunov kam als er­ster zum Verein und hat dann Viskin für SSF 1879 geworben, beigetreten ist er 2003. Soschloss sich ein Kreis: Als Schüler hatten Vadym und Volodymyr vor 6 Jahrzehnten in Char­kow noch gegeneinander gespielt und im Rentenalter spielten jetzt beide Seite an Seite fürStuttgart in der Landesliga (in der 4. Mannschaft nannte ich sie scherzhaft "mein Ukrainer-Bataillon").

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In seinen 12 Jahren bei SSF 1879 nahm Volodymyr Viskin an diversen Stadtmeisterschaften, Seniorenturnieren, Mannschaftskämpfen (3. und 4.) und an unserem Vereinsturnier teil. Nicht immer unbedingt auf Sieg geeicht, war er auf der anderen Seite nur schwer zu schlagen; so belegte er z.B. beim Kandidatenturnier 2004 mit 5 aus 9 den 10. Platz mit einem Sieg und nicht weniger als 8 Remisen, darunter gegen einen vielversprechenden 11­jährigen Vereinskameraden namens Andreas Strunski ...

Als ehemaliger Trainer der soliden sowjetischen Schachschule hatte Volodymyr Viskin ein tiefes Spielverständnis, weshalb er bei etlichen Einsätzen am 1. Brett der Landesliga auch gegennominell stärkere Gegner die Stellung oft ausgeglichen halten konnte. In dieser Saison hatte er leider nur noch 2 Einsätze. Schachfreund Viskin starb nur wenige Tage nach seinem 81. Geburtstag; er hinterlässt eine Frau, eine Tochter und eine Enkelin, die in Tübingen Jura studiert.

Die Stuttgarter Schachfreunde 1879 e.V. werden ihn als einen zuverlässigen und bescheidenen Schachfreund in Erinnerung behalten, der nicht viele Worte machte, zumindest nicht auf Deutsch ­ der aber auch nur mit einem Lächeln, einem Nicken und einem Händedruck zeigenkonnte, dass er Teil einer Mannschaft war.

  Florian Siegle

Quelle: Schachfreund Mai 2015