1.Bundesliga: Königsspringer Hamburg - SSF 1-7


1.Bundesliga: SSF - Werder Bremen 1-7


Ein vorzügliches Ambiente in den Business-Logen des Bremer Weserstadions war der Rahmen für die Bundesliga-Premiere der Stuttgarter Schachfreunde. Viel Platz, viel Licht und kein Lärm - besser geht es kaum.
Zum Saisonauftakt erwartete die KS Stuttgart die Mannschaft der SF Hamburg. Die Hamburger, Aufsteiger aus der 2. Bundesliga Nord, sind krasse Außenseiter und dürften nur ein einjähriges Gastspiel in der Schachbundesliga geben. Kein Spieler hat ein Rating über 2400 Elo, in den anderen Teams derzeit die Untergrenze für einen Bundesligaspieler am achten Brett. Für die Stuttgarter eine gute Möglichkeit, sich einzuspielen und Selbstvertrauen vor dem schweren Spiel am Sonntag gegen den Ausrichter SV Werder Bremen zu tanken.
Der Sieg von 7:1 entsprach diesen Erwartungen. Der Spielverlauf war insgesamt recht einseitig. Chancen auf ein besseres Ergebnis an diesem oder jenem Brett konnten die Hamburger nicht nutzen. Keine Chancen auf eine Ergebniskorrektur gab es in der Partie Voigt-Duppel, in der Weiß mit 19.a4 einen Bauern einstellte. Matthias verwertete sicher, wenngleich sich die Partie lange hinschleppte.
Als erster Sieger stand Eckhard fest, dessen Gegner in der Partie Schmittdiel-Buhr in einem c3-Sizilianer die Kontrolle über seine Bedenkzeit und seine Stellung verlor.
Hin und her ging es am vierten Brett bei Trisic-Buhmann, für mich die spannendste Partie. In einem klassischen Franzosen mit frühem ...dxe4 glich Rainer die Partie rasch aus, um mit 11...e5 12. Sb5 e4 direkt auf Sieg zu spielen. Weiß nahm den Bauern weg, was wohl erzwungen war, und Schwarz gelang es am Brett nicht, Kompensation nachzuweisen. Beide Spieler verbrauchten indes bei den folgenden sechs Zügen nahezu die volle Bedenkzeit. Nach 18. Lxh7+ sah schon Trisic wie der Sieger aus, aber im anschließenden Zeitnotduell schmolz der Vorteil dahin und der Hamburger verlor am Ende sogar noch durch Zeitüberschreitung im 36. Zug. Danach ging es an den übrigen Brettern nur noch um die Höhe des Stuttgarter Sieges.
In der Partie Berger-Berezovsky erzwang der Anziehende das Remis durch dreifache Stellungswiederholung, von der abzuweichen vermutlich für keinen Spieler ratsam gewesen wäre. Irgendwann danach wurde bei Hickl-Lamprecht der Punkt geteilt. Jörg stand lange Zeit etwas besser (die Größe des weißen Vorteils hat sich mir nicht erschlossen), aber Schwarz hielt stand.
Durch ein positionelles Damenopfer bei Pajeken-Gabriel nutze Christian eine Nachlässigkeit seines Gegners aus, der in der Eröffnung einen falschen Plan wählte. Weiß unterließ den Tausch auf c5, so dass Schwarz mit d5-c4-b5 einen Bauernkeil am Damenflügel vorschieben konnte. Das Positionsspiel ist offenbar nicht Pajekens Stärke, aber im weiteren Partieverlauf brachte er bei der asymmetrischen Materialverteilung noch einige taktische Nadelstiche an, so dass Christian bis zum vollen Punkt reichlich Arbeit hatte.
Überstunden gab es für Dimitiri und Karsten. Respekt für ihre Gegner, die beide auf dem Papier klar schwächer mit den schwarzen Steinen lange Zeit dagegen hielten. Freunde der Verwertung minimaler Vorteile kommen beim Nachspielen von Bunzman-Dr.Hochgräfe auf ihre Kosten, in der sich wieder einmal der langbeinige Läufer gegen den Springer durchsetzen konnte. In der anschließenden Analyse konnte kein klares Remis für Schwarz gefunden werden, aber viel kann nicht gefehlt haben.
Überhaupt nicht klar war mir die Partie Volke-von Bülow am siebten Brett. Einen Saizew-Spanier sieht man im Zeitalter von Schottisch, Russisch und Berliner Verteidung ja recht selten, so dass ich mich beim Zuschauen nicht an aktuelle Großmeisterpartien orientieren konnte. Irgendwann einmal stand Karsten verheißungsvoll mit einem Läufer auf d4. Als ich das nächste Mal ans Brett kam, stand dort ein Endspiel mit Mehrbauern für Weiß bei reichlich schwarzer Kompensation. Die folgende Abwicklung in ein Turmendspiel mit a+h gegen f-Bauern war wohl auch noch ein Weg zum Remis, aber Schwarz ließ sich den halben Punkt aus den Händen reißen, weil er 55.Tc2 zuließ. Dort stand der weiße Turm ideal für Angriff und Verteidigung zugleich und Schwarz kapitulierte wenig später.
Fazit: Kein großer Kampf, aber einige spannende Partien. Ein verdienter Sieg für Stuttgart, der aber um mindestens einen Brettpunkt zu hoch ausgefallen ist.

Am Sonntag war der Gegner erheblich stärker: Der Ausrichter Werder Bremen, der am Vortag unseren Reisepartner Tegernsee bezwingen konnten, trat mit acht Titelträgern an und waren gemessen am Elo-Schnitt Favorit.
Früh war Pelletier-Schmittdiel beendet. Eckhard verpasste einen Eröffnungszug, der ungefähr Ausgleich versprach, der Schweizer Großmeister verdichtete seinen Entwicklungsvorsprung zu einem Königsangriff, den Eckhard nur unter Materialaufgabe abzuwehren wusste. Vor der Zeitkontrolle war dann der Kampf praktisch schon entschieden.
An den Brettern 2 (Gabriel-Babula) und 7 (Joachim-Volke) verloren die Stuttgarter auf sehr unterschiedliche Weise. Karsten wählte im Taimanov-Sizilianer Risiko statt Remis. Ein Damenausfall Richtung schwarze Königsstellung zwang Karsten in ein Endspiel mit zwei Minusbauern. Christian mischte seiner äußerlich recht anspruchslosen Eröffnung Gift bei. Keinen harmonischen Eindruck machte auf mich dabei der Zug 12. De1 (Christian: "Ein Riesenzug! Gewinnt forciert einen Bauern."). In der daraus entstehenden Position stand Weiß laut Christian chancenreich, zog aber bei den Abwicklungen irgendwo den Kürzeren. Vor allem 14.Lxf6 wollte Christian nach der Partie durch 14.Sa2 ersetzt wissen, und statt 17.Sd2 war 17.Le2 chancenreicher.
An Brett 8 (Berezovsky-Meins) konnte Igor in einem wenig aufregenden Angenommenen Damengambit ungeachtet seiner leichten Druckstellung nicht mehr als einen halben Punkt beisteuern. Damit war eigentlich schon alles klar.
Nach der Zeitkontrolle musste bei Schandorff-Bunzman der Nachziehende den in seine Stellung eingedrungenen weißen Figuren Tribut zollen. Das Gegenspiel auf den weißen c-Bauern erwies sich als ungenügend.
Nach weißem Vorteil sah es in der Partie Duppel-Knaak aus. Freilich schwand bei Matthias zusehends die Bedenkzeit. Nach 43...g5 und dem nachfolgenden Damentausch lösten sich beide Bauerngerüste in Wohlgefallen auf.
Am Spitzenbrett bei Hracek-Hickl ergab sich eine sehr undurchsichtige Stellung aus der Benoni-Verteidigung (mit Zugumstellung). Nach den typischen Bauernvorstößen e4-e5 bzw. ...b5 wurde die Partie taktisch pointiert. Gerüchteweise konnte Jörg irgendwo eine Qualität gewinnen. Am Ende musste er eine Figur geben und kämpfte nur noch für eine verlorene Sache. Das 1:7 spricht ohnehin eine deutliche Sprache. Die Stuttgarter Schachfreunde werden sich steigern müssen, wollen sie nicht tief in den Abstiegsstrudel gezogen werden.
Oliver Niklasch
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