Sozza (GR) in der Südschweiz 20.-22.09.2010


Die Fahrt nach Soazza, und wie es dort so war!

Tja, am frühen Freitag nachmittag war es so weit. Weg von der Arbeit und ab zum Schachturnier in die Südschweiz! Bei wunderschönem Sonnenschein schickt mich der TomTom mit Sandras Stimme zunächst auf der A8 über die Geislinger Steige Richtung Ulm, dann weiter über die A7 Richtung Wangen im Allgäu und schließlich über die A96 (hier würden die Fahrer aus München dazustoßen) nach Bregenz. Von dort ein paar wenige Kilometer Österreich über den Vignette-Korridor nach Hohenems und schon kommt die Schweizer Grenze bei Diepoldsau / Kriessern. Ab hier führt die Schweizer A13 durch Liechtenstein und an Chur vorbei hoch zum San Bernardino Pass und von dort die wunderschöne Passabfahrt hinunter Richtung Bellinzona. Und 20 km nach der Passhöhe hat man das Ziel schon erreicht.

Kurz vor der Passhöhe kommt man auf der Nordseite noch an den schönen Graubündner Kurorten Andeer und Thusis vorbei. Hier liegt auch das Hinterrhein-Gebiet mit der ehedem berühmt berüchtigten Via Mala, die sehr eindrucksvoll zeigt wie mühsam eine Alpenüberquerung in alten Zeiten war.

Soazza ist ein sehr schönes, sehr kleines und sehr ruhiges Dorf am Berghang und liegt etwas im Schatten der Autobahn Bernardino - Bellinzona. Es liegt zwar noch in Graubünden, aber die Sprache ist italienisch. Das sehr gediegene Hotel-Restaurant Al Cacciatore war leider komplett belegt. Nach einigen Schwierigkeiten und vielen langen Telefonaten bekam ich schließlich ein großes altmodisches, teilweise mit wertvollen Antiquitäten ausgestattetes Zimmer (und zwar dieses) in einem ungewöhnlichen Haus. Der Besitzer des alten Patrizierhauses von 1583 sprach zwar Deutsch nicht so gut, dafür aber umso mehr davon. Alles war anders, als man es in einem Hotel erwarten würde. Alleine dieses skurrile Erlebnis war die Reise wert ! Man braucht manchmal schon ein wenig Geduld mit ihm und nicht umsonst bietet er auf seiner WebSite Anti-Stress-Wochenenden an. Aber am Abend sitzt man herrlich auf seiner ummauerten Terrasse neben dem riesigen alten Garten.

Ich kam gerade noch rechtzeitig zur ersten Runde um 20:00 Uhr. Gespielt wurde am Ortseingang im modernen Anbau der alten Poststation (siehe Foto), der als Wartesaal für den Postbus und als Bibliothek dient.

Auf der Startrangliste landete ich am Ende der oberen Hälfte, so dass ich nahezu den schwächsten Gegner bekam und schnell gewann. Nightlife war anschließend keines angesagt. Am nächsten Morgen folgt meine beste Tat, mit Schwarz ein Gewinn gegen einen sehr netten FM aus Italien mit 23xx. Nachmittags ein für mich enttäuschender Verlauf in der Partie gegen einen der beiden GM, weil ich allzu läppisch verlor. Die GM waren das junge Brüderpaar Vovk aus der Westukraine.

Warum spielen viele gegen die GM eine Klasse schlechter als gegen jeden anderen ? Zeitgleich spielte an Tisch 1 einer der ungarischen FM mit Schwarz gegen den anderen GM-Bruder in der Eröffnung einen derartigen Mist, dass wahrhaft kein GM nötig gewesen wäre, um ihm das um die Ohren zu hauen.

Nun ist es schon Sonntag und ich komme gegen einen gleichstarken Gegner aus der Slowakei. In der Wiener Partie vermeide ich die witzige Remis-Abwicklung nach 5.d3 Lb4 und komme später schwer ins Schwitzen. Aber ich habe Glück, kann den Angriff abwehren und den dritten Sieg einfahren. In der letzten Runde verderbe ich ein leicht ungünstig stehendes Endspiel langsam aber sicher zu einer glatten Verluststellung. Aber mein Gegner, ein ungarischer FM, findet auch nicht immer die besten Züge und ich kann mich mit einer überzeugenden, aber nicht 100% korrekten Reklamation wegen dreimaliger Stellungswiederholung ins Remis retten. Ich denke ein Halbzug hat noch gefehlt.

Für mich war es bis auf die GM-Partie ein voller Erfolg. Mit Platz 5 konnte ich zwei FM und einen IM hinter mir lassen und gerade noch den letzten Geldpreis ergattern.

Fazit für mich: +++ (z.B. 28 ELO-Punkte)

Fazit allgemein: Wer abends durch die Häuser ziehen will, ist am falschen Ort. Aber wer ein schönes kleines Turnier mit ein paar Titelträgern und auch mit schwächeren Akteuren spielen möchte, ist bei den Veranstaltungen von Claudio Boschetti bestens aufgehoben.

Besondere Vorkommnisse: In der zweiten Runde spielte Gagliardi (ITA, 2200) mit Schwarz eine Klasse Partie gegen GM A.Vovk, verlor aber leider trotz des 30-Sekunden-Bonus in Gewinnstellung durch Zeitüberschreitung.

Hier der Kurzbericht des Organisators Claudio Boschetti. Er spricht deutsch auf Muttersprachlerniveau.

 


Hier hat ein anderer Turnierteilnehmer, nämlich mein Gegner aus der Wiener Partie, eine Menge guter Fotos ins Web gesetzt!

  Claus Seyfried, 24.08.2010